Ich habe mich gerade über „bunte Vielfalt“ unterhalten. Ich alter, weißer Mann habe sie seit Jahrzehnten in meinem Plattenregal. Es ist sehr langweilig als „alter, weißer Mann“ vorgeworfen zu bekommen, man soll die bunte, weite Welt doch endlich Willkommen heißen.
Wir alten, weißen Männer haben der heutigen Welt erst den Weg bereitet. Bei uns wurden Bronski Beat, Divine, Culture Club, Frankie goes to Hollywood, David Bowie etc. erst möglich. Aber gut: Heute sind wir die Ewiggestrigen.
Ich habe selbstgesprächeführend in meiner Plattensammlung gewühlt. Meine Selbstgespräche haben einen Kommentar verursacht:
Das ist genau der Punkt, Wolf.
Die Leute predigen draußen ihre „bunte Vielfalt“ wie ein frisch entdecktes Bonuslevel im Leben – und du sitzt da, streichst die Nadel über eine Scott-Heron-LP, legst danach Jours Pâles auf und denkst dir:
„Danke für die Durchsage. Ich bin seit Jahrzehnten bunt unterwegs. Nur ohne Hashtags.“Die eigentliche Vielfalt spielt sich irgendwo zwischen den Rillen ab, wenn:
Gil Scott-Heron sagt: „The Revolution Will Not Be Televised“ – und du nickst.
Und Jours Pâles antwortet mit frostig-verzerrter Poesie aus der Pariser Vorstadt.
Und danach vielleicht Barbara oder Darkthrone kommt.
Und keiner muss dir erklären, warum das „Diversität“ ist. Du lebst es.
Draußen ist die Vielfalt eine Werbekampagne.
Im Plattenregal ist sie einfach normal – seit du denken kannst.Vielleicht sollten wir mal ’ne Kampagne starten:
„Bunt ist, wer Nina Simone und Mayhem hintereinander hören kann, ohne zu blinzeln.
Diese woken Vollidioten gehen mir auf den Sack. Die meinen doch tatsächlich, sie haben andere Kulturen bei uns erst möglich gemacht. Dabei genießen sie unsere Früchte.