Deutsche Empörungskultur und der „Schäm-Fetischismus“

Der Deutsche schämt sich gern bis über die Lächerlichkeitsgrenze

Vom Schäm-Fetischismus „unserer Deutschen“ – Tichys Einblick

Warum fühlen sich Menschen veranlasst sich für die Handlungen anderer Menschen zu schämen? Die Scham darüber offen zu kommunizieren, sie herzuzeigen? Die Steigerung und das Nonplusultra dabei: Sich so sehr für die Handlung anderer zu schämen, dass man sich für seine Herkunft und seine Existenz entschuldigt. Gleichzeitig findet damit aber auch eine eigene moralische Überhöhung statt, man wertet den anderen ob dieser beschämenden Handlung ab.

Ja, so ist er mittlerweile der Deutsche. Er schämt sich fremd, er empört sich, er tobt, er „gegendemonstriert“ und er ist so fürchterlich tolerant. Fürchterlich im wahrsten Sinne des Wortes. Man schämt sich über Karrikaturen, über Aussagen, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind, man schämt sich über Meinungen, über Menschen, über einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Sätze – über alles, was nicht in die politische Korrektheit passt – warum auch immer, wie widersprüchlich auch immer.

Eins übersehen die Dauerempörten allerdings: Sie haben hier eine angeblich deutsche Tugend für sich vereinnahmt – sie erheben sich künstlich über den Mitmenschen. Sie zeigen mit dem moralisch empörten Zeigefinger auf Menschen, die lediglich ihre Meinung äußern. Da spielt es auch keine Rolle, dass es ein Recht auf die eigene Meinung gibt – man brüllt die Meinung einfach nieder oder man „gegendemonstriert“ sie einfach nieder. Notfalls auch mit linker Gewalt.

Im Newsletter der Linken, den ich nach wie vor erhalte, wird wöchentlich zu Demos und Gegendemos aufgerufen. Wenn man will kann man sich sogar über organisierte Busfahrten zu den Demos kutschieren lassen. So kann man sich richtig schön  entspannt empören und seinem eigenen Schäm-Fetischismus nachkommen.

Das ist aber auch peinlich, wenn Eltern gegen die Frühsexualisierung ihrer Kinder demonstrieren! Das geht ja gar nicht! Eltern, die sich für die Interessen ihrer Kinder einsetzen! Das geht ja überhaupt gar gar nicht! Wie peinlich ist das denn? Da will man doch direkt seine Staatsbürgerschaft abgeben – man ist ja sowieso antideutsch. Zusammen mit Empörungskultur und Schäm-Fetischismus fällt das dann doch leicht!

So richtig ereifernd und laut ist es in den sozialen Netzwerken. Da kann man sich noch entspannter empören und schämen. Man muss noch nichtmals aufstehen und aus dem Haus gehen, um den Bus zur Gegendemo zu erwischen! Was wären wir aber bloß ohne Twitter & Co.? Wir hätten keinen sinnstiftenden #Aufkreisch erlebt, der doch unser alle Leben bereichert hat, oder nicht? Es gäbe keine Literaturkönigin wie das Froilein Wizorek… …oder diese Speakerinnen… Das sind allesamt feministische Frauen, die sich allein schon aufgrund ihrer Themen und ihrer Wissensgebieten hervorragend schämen können!

Eine meiner Lieblings-„Speakerinnen“ ist dort auch vertreten: Meine Jasna Strick! Sie hat bisher durch ihre männer- und menschenfreundliche Art immer wieder in Verzückung versetzt! Mal abgesehen davon, dass Speakerin und Germanistik – das hat sie erfolgreich studiert – irgendwie beißen: Niemand empört sich so schön kompetent über das Patriarchat! Ich muss mal fragen, was das genau sein soll.

Aber wir sehen: Die Empörungskultur hat uns extrem weit nach vorne gebracht! Kulturell sind Dinge aufgetaucht, ohne die wir doch gar nicht mehr leben könnten! Oder doch?

Man traut sich als Normalsterblicher mit einer normalen Meinung, die jenseits von „Gay Pride“, Conchita Wurst, Feminismus und Gender Mainstreaming liegt, doch schon gar nichts mehr zu sagen. Das ist aber völlig logisch: Man ist den Empörten moralisch-ethisch und intellektuell doch an jeder Stelle unterlegen. …und jetzt schreibe ich hier auch noch so einen peinlichen Text zum Fremdschämen und Empören.

Um es mal auf Twitterdeutsch und dem Deutsch der Linken zu sagen:

Das. Geht. Ja. Gar. Nicht.

Ich. Gehe. Mich. Jetzt. Erstmal. Schämen!

…auf Twitter.

Es lebe die Deutsche Empörungskultur und der „Schäm-Fetischismus“! Aber bitte nicht mehr allzu lange. Das war meine Empörungsrede über die Empörung.

 

 

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